Gar nicht so einfach, sich mit der Band der Woche zu befassen, während die SWR1 Hitparade läuft. Momentan habe ich Urlaub und eigentlich genug Zeit. Doch bis zum Finale am gestrigen Freitag war eine Woche lang Radio hören angesagt, mit grandiosen Songs von Reinhard Mey bis Iron Maiden. Einfach so, von Platz 1058 („White Wedding“ von Billy Idol) bis Platz 1 („Bohemian Rhapsody“ von Queen). Wirklich ein Woche um die Musik zu feiern!
Aber zur aktuellen Band: Kraftwerk.
Von denen war immerhin ein Hit dabei: „Autobahn“ auf Platz 260. Hier ist die lange Version mit 22:47 Minuten:
Der Song ist vom gleichnamigen Album „Autobahn“ von 1974.
Mir war schon klar, dass Kraftwerk elektronische Musik machen, aber dass sie diese mehr oder weniger erfunden haben, war mir in dem Ausmaß nicht klar.
Sie waren wirklich die Vorreiter des Elektropop, später des Techno und haben ganze Genres wie den Synthiepop oder den Electronic Funk beeinflusst. Künstlerinnen und Künstler weltweit wurden von Kraftwerk inspiriert.
Die Anfänge
Die Band gründete sich 1970 in Düsseldorf. Gründungsmitglieder waren Ralf Hütter und Florian Schneider-Esleben. Seit ihren Frühzeiten hatten sie ein eigenes, privates Aufnahmestudio, das nach einer Weile den Namen Kling Klang Studio bekam. Das Merchandise von Kraftwerk wird übrigens von der Klingklang Konsum Produkt GmbH vertrieben.
Hier eine Aufnahme von einem ihrer ersten Konzerte 1970 in Soest, das der WDR auf Youtube gestellt hat. In der Menge sind teils freudige, teils sehr überraschte Gesichter zu sehen. Noch ist die Musik ziemlich handgemacht, mit echtem Schlagzeug und Querflöte.
Kraftwerk entwickelten über die Jahre ihre ganz eigenen Sounds, wozu sie Instrumente selbst bauten oder in Auftrag gaben. Das Studio wurde quasi zu ihrem Instrument. Ihre ersten drei Alben waren noch experimentell, von Krautrock kommend. Danach wurden die Produktionen rein elektronisch und sehr melodisch.
Ihre Faszination macht u.a. aus, wie ich finde, dass die Musik so kühl und präzise ist, andererseits aber Stimmungen und Emotionen hervorruft.
Bei der Recherche habe ich erfahren, dass sie sich von ihrer Umgebung, der Rhein-Ruhr Region mit ihrer städtischen und industriellen Prägung haben beeinflussen lassen.
Die Themen ihrer Platten drehen sich immer wieder um Technik und das Zusammenspiel von Mensch und Technik. So gibt es etwa die Albumtitel „Radio-Aktivität“ (1975), „Die Mensch-Maschine“ (1978) oder „Computerwelt“ (1981).
Vielleicht der heute bekannteste Titel von Kraftwerk ist „Das Model“ (1978). Mir schein, das Lied fällt etwas aus dem Rahmen, denn es enthält viel Text und erzählt eine Geschichte. Dagegen sind andere Stücke der Band viel minimalistischer.
https://www.youtube.com/watch?v=vvcRtj35Gt0
Im Video ist allerdings schön die Live-Aufstellung der 4 Herren an ihren Pulten zu sehen. Daran angelehnt ist es bei Matthias und mir schon üblich, bei ähnlich aufgestellten TV-Auftritten von PolitikerInnen zu rufen: „Schlechtester Kraftwerk-Auftritt ever!“
Die Auftritte sind ein Kunstwerk aus Klängen und Bildern. Die Musiker treten dabei nicht als einzelne Persönlichkeiten hervor, sondern geben sich fast roboterhaft anonym.
Viel typischer als „Das Model“ ist zum Beispiel: „Metal on Metal“ (1977).
Zu alledem könnte mensch natürlich argumentieren, dass eigentlich Fraktus aus Brunsbüttel die Pioniere des Elektropop waren. Aber leider hat Kraftwerk die sagenhafte Avantgarde-Band letztlich an Bekanntheit überflügelt.
Zu aktuellem Wirken von Kraftwerk habe ich nicht wirklich etwas gefunden. Im Mai 2020 starb Gründungsmitglied Florian Schneider-Elsleben. David Bowie hatte ihm 1977, in seiner Berliner Zeit, ein Lied gewidmet. Er strebte eine Zusammenarbeit mit Kraftwerk an, zu der es jedoch nie kam.