Alles neu macht der Mai

Zur Zeit habe ich einige Tage frei. Ein schöner Zustand, denn ich kann mich erholen und finde wieder Muse für allerlei Vorhaben. Eine anstehende Sache war es, die Winterklamotten im Schrank zu verstauen und die Sommersachen einzusortieren. Dabei mache ich eigentlich immer eine Bestandsaufnahme, miste Sachen aus oder flicke Lieblingsstücke, die etwas ramponiert sind. Same procedure as every year.

How it started…

Oh, wie schön! So viele Farben, Formen, Stoffe und Muster – und so vieles davon. Quasi für jedes Wetter und jede Stimmung etwas dabei. Das waren die ersten Gedanken beim Anblick des Haufens an Sommerkleidung. Die folgenden waren: Was davon ergibt zusammen ein Outfit? Was eignet sich für die Arbeit, für daheim, für den Garten? Ist das bequem? Fühle ich mich darin wohl? Passt das überhaupt noch? Ist das intakt? Woher habe ich das eigentlich? War es ein Geschenk oder vielleicht noch ein Erbstück meiner Mutter? Zu welchem Anlass habe ich das angeschafft? – Und das war nur die Kleidung. Bei Schmuck und Schuhen ging es mit diesen Fragen weiter.

Nun bin ich einerseits Schwäbin und andererseits einigermaßen umweltbewusst. Das bedeutet, ich nutze die Sachen gerne lange, versuche Dinge zu reparieren oder für sie eine neue Nutzung zu finden und hebe auch Sache auf für den Fall „wenn man’s mal braucht“.

In der Folge wird es manchmal etwas unübersichtlich und das halbjährliche Ausmisten ist nötig um einigermaßen den Überblick zu bewahren. Oft stehe ich trotzdem vorm Kleiderschrank und brauche lange um genau das Richtige zu finden. Am Ende sind es dann doch wieder die Lieblingsstücke, die getragen werden. Vor allem das Gefühl der Unzufriedenheit und die Zeit, die beim Suchen draufgeht, nerven mich immer wieder. Daher bin ich prinzipiell angetan von der Idee einer Capsule Wardrobe und eines minimalistisch eingerichteten Zuhauses. Eine Capsule Wardrobe besteht aus wenigen Teilen, die gut miteinander kombinierbar sind. Es geht darum, sich auf das Wesentliche zu beschränken und statt viel zu horten lieber die wenigen Sachen gut zu nutzen.

How it’s going…

Mir kam der Name Marie Kondo wieder in den Sinn. Das ist die japanische Königin des Aufräumens. Da ich noch nichts von ihr gelesen hatte, wollte ich mir aus Neugier ein Buch zu ihrer Technik aus der Bibliothek ausleihen: „Magic Cleaning. Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“. Leider war es gerade nicht verfügbar, dafür aber der zweite Teil „Magic Cleaning. Wie Wohnung und Seele aufgeräumt bleiben“. Die freundliche Dame in der Stadtbibliothek war ganz euphorisch über das Buch und meinte, ich müsse unbedingt den ersten Teil lesen. Bis dahin könne ich mir auch auf Youtube „Aufräum-Videos“ ansehen. Das fände sie ganz toll und so beruhigend, den Frauen bei ihren Aufräum-Erfolgen zuzusehen. Gut, warum nicht, dachte ich mir und schaute noch am Abend ein paar Videos an.

Zwischenstand

Es ist kompliziert. Ich war reizüberflutet von der Vielzahl an gut gemeinten und teils auch gut gemachten Erklärvideos. Ganz ähnlich wie bei den vielen Videos zu Yoga und Physio-Übungen. Am Ende hatte ich den Eindruck, dass alle vorgezeigten Wohnungen nach dem großen Aufräumen recht unpersönlich leer aussahen und die Frauen alle pastellfarben (beige, rosa, weiß) angezogen waren. Das wäre nun nicht mein Ziel. Ich mag mal bunte Kleider, mal schwarze, mal einfarbige, mal gemusterte. Am liebsten mag ich alles.

Was ich aus dem Marie Kondo Buch bisher gelesen habe und gut fand, ist die klare Unterscheidung zwischen Aufräumen und Putzen und der Empfehlung, das nicht gleichzeitig zu machen. Wenn wir ordentlich ausgemistet haben und die verbliebenen Dinge alle einen festen Platz, dann geht das Aufräumen und Putzen auch schnell.

Auch gefällt mir ihre Aussage, das richtige Leben beginne nach dem Aufräumen. Daher sollten wir mit dem Aufräumen nicht rumtrödeln sondern es einfach rasch erledigen und zu Ende bringen. Macht mich das glücklich? Ihre regelmäßige Frage, mit der wir Dinge behalten oder aussortieren sollen, zielt letztlich darauf ab, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Das kann im Leben wirklich eine große Hilfe sein. Nicht nur vor dem Kleiderschrank.

Was mir zu Denken gibt, ist die Frage, wo alle die Sachen hinkommen, die wir aussortieren. Einfach wegwerfen, wenn etwas noch in Ordnung ist, finde ich keine gute Lösung. Außerdem beschäftigt mich der soziale Aspekt beim Aufräumen und Ausmisten, denn ich lebe ja nicht alleine in der Wohnung. Viele Dinge gehören Matthias oder wir nutzen sie zumindest zusammen. Also kann ich nicht einfach meine Kriterien anwenden, ob etwas bleiben soll oder weg kommt. Es muss in der Beziehung erst ausgehandelt werden. Ich bin gespannt, ob Marie Kondo darauf noch eingeht, wie in Familien oder Paarbeziehungen ausgemistet und Ordnung gehalten wird.